Wie entwickelt sich Gicht im Körper?
Auslöser eines akuten Gichtanfalls ist die Ablagerung von aus Harnsäure gebildeten Kristallen und die dadurch ausgelösten entzündlichen Prozesse. Betroffen ist in der Regel nur ein Gelenk pro Anfall (Monarthritis), bei vielen Patient:innen ist das Großzehengelenk betroffen (Podagra). Doch auch Abweichungen hiervon sind möglich. Entscheidend für die Diagnose ist daher vielmehr die charakteristische Symptomatik.
Harnsäure gehört zu den Purinen und entsteht beim Abbau von Purin-Nukleinsäuren (Adenin, Guanin). Da Harnsäure nur eine geringe Löslichkeit besitzt, neigt sie bei Akkumulation im Blut und einem sauren pH zur Ausbildung von Urat-Kristallen. Diese lagern sich vor allem in kleinen Gelenken ab und es kommt zu einer schmerzhaften Entzündung mit Freisetzung von Zytokinen (zum Beispiel Interleukin 1) und Aktivierung des sogenannten Monozyten-Makrophagen-Systems im Gelenk (führt zur Entzündung der Gelenkschleimhaut, Synovitis).
Langfristige Auswirkungen eines erhöhten Harnsäurespiegels
Liegt über lange Zeit eine unbehandelte oder nicht ausreichend behandelte Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut vor (Hyperurikämie), kann es auch zur Entstehung einer chronischen Gicht kommen. Diese ist gekennzeichnet durch von außen sichtbaren Ablagerungen von Uratkristallen (Gichttophi) in der Haut, der Unterhaut (Subcutis), der Ohrmuschel, Sehnen, die sich derbe und unverschieblich ertasten lassen und das Vorkommen von Harnsteinen.
Ab welchem Wert eine Hyperurikämie symptomatisch wird, ist individuell verschieden, wobei das Risiko mit steigendem Harnsäurespiegel zunimmt.
Was sind die Ursachen einer Hyperurikämie?
Als Auslöser einer Hyperurikämie kommen primäre und sekundäre Ursachen in Frage, die entweder zu einer erhöhten Harnsäureproduktion, einem verringerten Abbau oder einer verringerten Ausscheidung von Harnsäure führen.
Primäre Hyperurikämie
- Verringerte Ausscheidung über die Niere
- Erhöhte Zufuhr durch Nahrung bei vererbter Stoffwechselstörung
- Vermehrte Harnsäureproduktion durch genetische Enzymdefekte im Purinstoffwechsel, die zur Überproduktion von Harnsäure führen, zum Beispiel Lesch-Nyhan-Syndrom oder Kelly-Seegmiller-Syndrom
Sekundäre Hyperurikämie
- Vermehrte Harnsäurebildung durch Zellzerfall, z. B. beim Tumorlysesyndrom, Leukämien
- Verminderte Purinausscheidung über die Niere bei Nierenerkrankungen, Laktatazidose oder die Einnahme von Medikamenten, die die Harnsäureausscheidung hemmen (z. B. Schleifendiuretika)
Stadien der Hyperurikämie
Je nach vorliegenden Symptomen und Krankheitsverlauf erfolgt eine Einteilung der Hyperurikämie in vier Stadien:
I: Hyperurikämie ohne Symptome (asymptomatische Hyperurikämie)
II: Akuter Gichtanfall
III: Symptomloses Intervall nach Gichtanfall (interkritisches Stadium)
IV: Chronische Gicht
Typische Symptome eines Gichtanfalls
Eine plötzlich, häufig nachts einsetzende, schmerzhafte Rötung und Schwellung des Gelenks ist das Leitsymptom eines Gichtanfalls. Getriggert werden Gichtanfälle bei bestehender Hyperurikämie durch purinreiche Mahlzeiten, durch den Konsum von Alkohol oder auch zu Beginn einer Harnsäure-senkenden Therapie und bei vermehrtem Stress. Die Schmerzen werden oft als so stark beschrieben, dass bereits das Aufliegen der Bettdecke als unerträglich empfunden wird. Fieber ist ein typisches Begleitsymptom.
Diagnosestellung
Die Diagnose eines Gichtanfalls kann meist bereits anhand der vorliegenden Symptome und dem klassischen Untersuchungsbefund mit Rötung, Überwärmung und Schwellung eines Gelenks gestellt werden.
Laborbefunde:
In der Laboruntersuchung des Blutes lassen sich in der Regel allgemeine Entzündungsparameter (Leukozytose, CRP) finden. Der Harnsäurewert kann im akuten Stadium durch das Ausfallen der Kristalle normal erscheinen und sollte deswegen 2 bis 4 Wochen nach dem Gichtanfall nochmals bestimmt werden. Da die Uratkristalle auch zu Nierensteinen führen können, sollte die Nierenfunktion bestimmt werden.
Bildgebung:
Beim Röntgen und in der Gelenksonographie können Kristallablagerungen in den Gelenken gesehen werden.
Gelenkpunktion:
Der Nachweis von Mononatriumurat-Kristallen ist typisch bei Gicht.
Therapieansprechen:
Kann unter Therapie mit Colchicin eine schnelle Besserung der Symptomatik beobachtet werden, so ist das Vorliegen einer Gicht sehr wahrscheinlich.
Um die Diagnose Gicht zu sichern, sollten sekundäre Hyperurikämieformen, eine eitrige Arthritis, Pseudogicht (Ablagerung von Calciumpyrophosphat-Dihydrat-Kristallen = Chondrocalzinose) und aktivierte Arthrosen ausgeschlossen werden. Eine rheumatoide Arthritis äußert sich hingegen meist in einer Gelenkentzündung in mehreren Gelenken (Polyarthritis) und ist somit von einer Gicht gut zu unterscheiden.
Gichtanfall behandeln:

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Sollten Sie anhaltende Beschwerden haben, suchen Sie bitte unbedingt einen Arzt oder eine Ärztin auf.
- Kiltz U et al. S2e-Leitlinie der DGRh „Gichtarthritis – fachärztlich“, Zeitschrift für Rheumatologie, Band 75, Supplement 2, August 2016
- Richette P et al., 2016 updated EULAR evidence-based recommendations for the management of goat. Ann Rheum Dis 2017; 76(1): 29-42. doi: 10.1136/annrheumdis-2016-209707